Im industriellen Umfeld wird die Kommunikation zwischen Geräten häufig über serielle RS-485 basierte Busse realisiert. Dieser Standard ermöglicht eine preiswerte Implementierung bei gleichzeitig höchster Zuverlässigkeit, Störimmunität und Reichweite. Nachteilig und fehlerintensiv ist die hierbei notwendige Adresszuweisung an die Teilnehmer, die Terminierung und Arbitrierung der Übertragungsleitung, sowie die Entstehung eines Overheads durch Polling bzw. Token.
Durch Implementierung des Link Network Protocol via RS-485 werden diese Schwachstellen traditioneller RS‑485 Kommunikation ausgeräumt. Hierbei handelt es sich um ein Peer-to-Peer Nachrichten Netzwerk für verteilte Systeme, welches die Teilnehmer (Knoten, Geräte) über Punkt-zu-Punkt RS-485 Übertragungsstrecken (Links) miteinander verbindet. Jeder Knotenrechner besitzt hierzu mindestens eine, maximal n Schnittstellen. Dieser Ansatz eignet sich sowohl für Netze mit 2 lokalen Teilnehmern wie auch für Netze mit einer Ausdehnung über viele Kilometer und mehrere hundert Knoten. Die Entwicklung aus unserem Hause vereint die besten Eigenschaften aus den bekannten Datenübertragungssystemen in sich.
Topologie
Prinzipiell sind Netzwerke folgender Topologie realisierbar¹:
Bei Knoten mit mindestens zwei RS‑485 Link-Schnittstellen, können die Netzwerke in Linien- oder Ring-Topologie aufgebaut werden. Knoten mit mehr als zwei Schnittstellen sind in Baum- oder Vermaschter-Struktur vernetzbar.
Da Netzwerke mit Linien- und Baumstruktur mit sehr großer Häufigkeit eingesetzt werden, sind die Knoten üblicherweise mit zwei bis drei RS-485 Schnittstellen ausgestattet.
RS-485 Schnittstellen
Die zulässige Entfernung zwischen Knoten ergibt sich direkt aus dem RS-485 Standard und kann bei einer Übertragungsrate von 115200 Bit/s bis zu 1000m betragen. Der Einsatz der RS-485 Technik bietet vielerlei Vorteile:
- robuste und bewährte differentielle 2-Draht Kommunikation
- hohe Reichweiten (1200m) oder hohe Übertragungsraten (10 Mbit/s) sind erreichbar
- die serielle Kommunikation belastet moderne Rechner-Architekturen kaum
- geringe Anforderungen an die Qualität der Verkabelung
- eine galvanische Trennung oder Übergang auf Lichtleiter ist mit günstigen Standard-Komponenten problemlos möglich
Die normalerweise mit der RS-485 Schnittstelle verbundenen Nachteile wie:
- notwendige Installation einer Bus-Terminierung
- Bus Arbitrierung, Token oder zeitaufwendiges Polling
- notwendige Adressvergabe an jeden Busteilnehmer
- schwierige Lokalisierung des Fehlerortes auf einer Busleitung
entfallen aufgrund der eingesetzten Architektur, eine Bus-Terminierung ist z.B. in jedem Knoten automatisch gegeben.
Kommunikation
Über die Links erfolgt eine nachrichtenbasierte Kommunikation. Hierbei sind die Knoten gleichberechtigt. Die Links eines Netzwerkes können mit verschiedenen Übertragungsraten betrieben werden, somit ist eine schnelle, lokale, Kommunikation möglich. Jeder Knoten kann, sofern gerade keine Kommunikation stattfindet, eine Kommunikation starten und eine Nachricht in das Netzwerk einspeisen. Jede Nachricht die von einem Knoten über einen Link empfangen wird, wird in einem internen Nachrichtenspeicher abgelegt. Die Nachrichten im Speicher werden ausgewertet und, sofern keine Filter- oder Laufweiten-Kriterien entgegenstehen, anschließend auf allen seither unbeteiligten Links des Knoten gesendet. Somit breitet sich eine Nachricht im Netz aus bis Sie durch Filter- und Laufweiten-Kriterien erlischt, oder sich über das ganze Netzwerk verbreitet hat. Bereits während der Produktion wird jedem Knoten eine eindeutigen Adresse und eine Herstellerkennung zugewiesen. Diverse Adressierungs- und Filterfunktionen gestatten eine effiziente und segmentierbare Kommunikation. Die Summe dieser Eigenschaften ermöglicht den Einsatz des Protokolls in Systemen bei denen Plug and Play Eigenschaften notwendig sind
Für die Zustands- und Fehlererkennung wird der Link Status über jeweils eine LED visualisiert. Normalerweise sind Knoten mit einer USB-Schnittstelle ausgestattet
- an welche zu Konfigurationszwecken ein Terminal angeschlossen werden kann
- die als Brücke zwischen Netzwerk und Hostrechner dienen kann
Die sichere Zustellung der Nachrichten wird über eine CRC-16 Prüfsumme, Handshake und eine automatische Wiederholung der Nachrichten im Fehlerfalle gewährleistet. Der Ausfall eines Knotens führt nicht zum Ausfall des Netzwerkes sondern lediglich maximal zu einer Segmentierung
Nachrichten-Format
eine Nachricht enthält 0..48 Bytes Nutzdaten und einen konstanten Overhead von 16 Bytes. Somit ist die Nachrichtenlänge auf 16 bis 64 Bytes festgelegt. Die Dauer einer Nachrichtenübertragung zwischen 2 Knoten für eine Nachricht maximaler Länge bei einer Übertragungsrate von 115200 Bit/s liegt unter 10ms. Somit können auch über mehrere Knoten hinweg Anwendungen realisiert werden welche kurze Antwortzeiten benötigen
Nachrichten-Arten
Nachrichten können aufgrund einer Anforderung oder selbständig gesendet werden. Hierbei sind folgende Arten möglich:
- request, Anforderung einer Nachricht
- response, Antwort auf eine Nachricht
- transmit, selbständiges Senden
Daten und Strukturen
Für die Organisation der Daten im Nachrichtenrahmen stehen hierarchisch gegliederte und beliebig erweiterbare Strukturen bereit. Diese sind geordnet nach Datenlänge (8, 16, 32, Gleitkomma, Text, …) , Vorzeichen und Datenart (Temperatur, Druck, Feuchte, Zeit, …)
Nachrichten-Typen
Es können 64535 verschiedene Typen definiert werden. Diese basieren auf den definierten Daten und Strukturen.
Typ Nr. 16 überträgt z.B. das Außen-Klima. Er beinhaltet 18 Bytes Nutzdaten, hiervon 4 Byte für dir Temperatur, 2 Byte für die relative Feuchte, 4 Byte für den Luftdruck, 4 Byte für die Helligkeit und 4 Byte für eine weitere Temperatur
Adressierung
die Adressierung einzelner Knoten, von Gruppen und Gerätetypen wird durch das Protokoll unterstützt
Energieversorgung
die Stromversorgung kann auf einem weiteren Aderpaar im Datenkabel geführt werden oder lokal bereitgestellt werden
Rechenleistung
moderne Rechner-Architekturen sind in der Lage multiple serielle Kommunikationsschnittstellen per DMA zu bedienen. Hierdurch ist die für die Kommunikation aufzuwendende Rechenleistung sehr gering. Diese steht somit fast vollständig für die eigentliche Applikation zur Verfügung
Applikationen
das Protokoll eignet sich für eine große Gruppe von Anwendungen bei denen es nicht notwendig ist mehrere Netzwerkteilnehmern zeitgleich anzusprechen, sondern Vorrang auf Aspekte wie einfacher Aufbau, Robustheit, lange Übertragungsstrecken sowie günstige und einfache Realisierbarkeit gelegt wird:
- Gebäudeautomation
- Automatisierungstechnik
- Alarm- und Sicherungssysteme
- Zugangskontrolle
- Förderanlagen
- …
Anmerkungen
¹ im Falle einer vermaschten Netzwerkstruktur (Mesh), bedürfen die vorhandenen Verbreitungsmechanismen der Ergänzung. Diese Topologie wird durch die derzeit bestehende Software-Architektur nicht unterstützt. Näheres siehe Abschnitt Meshed network anomaly im Handbuch der Spezifikation.
Die vollständige Spezifikation ist dem Handbuch Link Network Protocol via RS-485, Specification and implementation guide zu entnehmen